Mal was anderes: Ein Roman, eine fiktive Geschichte gespickt mit psychologischen Theorien – so gestaltet Karsten Dusse seine Debütromane „Achtsam morden“ und „Das Kind in mir will achtsam morden“. Und das äußerst lesenswert, mitreißend, mitunter auch ziemlich skurril.
Dusse ist Rechtsanwalt – ebenso wie sein Hauptcharakter Björn Diemel. Also kann man Bezüge zur Realität erwarten. Plaudert Dusse gar aus dem Nähkästchen, wenn es um Machenschaften innerhalb eines Syndikats und der oft notwendigen Rechtsberatung und Unterstützung dazu geht? Fest steht, dass er in seinen ersten beiden Romanen faszinierend die Geschichte des Björn Diemel mit der Lehre der Achtsamkeit und dem Modell des inneren Kindes aus der Psychologie verflicht.
Schon der erste Satz in „Achtsam morden“ nimmt mit: „Eins vorweg: Ich bin kein gewalttätiger Mensch.“ Das macht neugierig. Und es reißt nicht ab.
Von Aha-Momenten bis herrlich surreal
Björn Diemel ist 42 Jahre alt, verheiratet, hat mit seiner Frau Katharina eine Tochter, Emily. Von seiner Frau wird er zu einem Achtsamkeitstraining verdonnert: um an seiner Belastbarkeit, Zuverlässigkeit und verdrehten Wertewelt zu arbeiten und eigentlich, um die Ehe zu retten. So trifft er auf Joschka Breitner, Achtsamkeitscoach. Zunächst als „Esoterik-Tee“ abgetan, nimmt er Breitners Anregungen schnell für sich an und geht seitdem achtsam durch die Welt. Achtsamkeit, eine Lehre aus dem Buddhismus, die das Sein im Hier und Jetzt fokussiert, physisch wie psychisch, bei der es darum geht, den Moment zu wertzuschätzen ohne ihn zu bewerten. Auf diese Weise gelingt es Diemel, achtsam mit Katharina umzugehen, achtsam die Momente mit seiner Tochter zu gestalten, aber auch achtsam zu morden und frei von Bewertung tief in die Geschäfte von Großkriminellen verstrickt zu sein.
Kurzweilig, unvorhersehbar, fesselnd
In „Das Kind in mir will achtsam morden“ kommt zur Achtsamkeit die Anerkennung des inneren Kindes hinzu. Die Geschichte geht weiter, wo sie aufhörte, wird fortgeführt bis auf den Punkt, dass Diemel nicht mehr morden möchte. Und er findet heraus, dass es sein inneres Kind sehr wohl will. Die Sitzungen bei Breitner thematisieren Kindheitserinnerungen, Urvertrauen, Prägung. Es geht um die Bedeutung der Kindheit, um Kindheitserlebnisse, Erfahrungen, die das Erwachsenenleben beeinflussen, um Sozialisation und den Einfluss von Erziehung auf Handlungen im Alter. Mit diesem Wissen und der bereits gelernten Achtsamkeit manövriert Diemel sich in der Welt von skrupellosen Kriminellen aus schier unlösbaren Problemen und Situationen.
Suchtfaktor nächste Seite
Mit jedem abgeschlossenen Kapitel möchte man wissen, wie es weiter geht, welche nicht vermutete Wendung der Geschichte Dusse parat hat. Das gelingt ihm über 413 Seiten in „Achtsam morden“ hinweg ebenso wie über die 476 Seiten „Das Kind in mir will achtsam morden“. Immer wieder überraschend, dabei ebenso tiefgründig wie abgezockt. Teil eins erschien im Juni 2019 als Taschenbuch, Teil zwei folgte im Mai 2020. Aller guten Dinge sind drei. Dürfen wir uns auf eine Trilogie freuen?
Die Bücher geben Weisheiten mit auf den Weg, die zum Überlegen anregen, auf sich selbst beziehen lassen. Man findet sich wieder, ist vielleicht sogar ein wenig mehr achtsam für sich selbst.
Zur Person Karsten Dusse
Als Rechtsexperte sieht man Dusse im Fernsehen, er schreibt für verschiedene TV-Formate, wurde für seine Arbeit als leitender Autor für „Ladykracher“ mit dem Deutschen Fernsehpreis und dem Deutschen Comedypreis ausgezeichnet, hat die Sachbücher „Halbwissen eines Volljuristen, ein Handbuch für den Rechtsstaat“ und „Recht bekommen: 15 Rechtsgeschichten, die Sie für sich nutzen können“ veröffentlicht. Mit „Achtsam morden“ gelang Dusse ein Roman, der es direkt zum Spiegel Bestseller schaffte und sich bis heute im Ranking hält. Auch „Das Kind in mir will achtsam morden“ hat es auf die Spiegel-Bestseller-Liste geschafft.
Fazit: Unbedingt lesenswert! Originell und spiegelnd, gleichermaßen schräg und makaber wie humorvoll und packend.
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